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In letzter Zeit mache ich mir eine ganze Menge Stress. Ich schreibe bewusst „mache mir“ und nicht „habe“, da ich nach wie vor daran glaube, dass mindestens 80% unseres Stresses selbstgemacht sind. Warum ich mir gerade so gut Stress machen kann, hat mehrere Gründe, soll heute aber nicht das Thema sein. Vielmehr möchte ich etwas teilen, das ich ausprobiert habe, um mit meinem Stress besser umzugehen.

 

Was erlaube ich mir?

Ich meditiere ab und zu. Eher selten und auch nicht regelmäßig, aber immerhin. Besonders genieße ich dabei das Gefühl der inneren Ruhe und Zentriertheit. Und wie aufgeladen und kreativ ich hinterher meistens bin. Allerdings mussten für mich bisher immer ein paar Rahmenbedingungen gestimmt haben, damit ich mir diese kleine Auszeit erlaubt habe. So musste ich entweder sicher sein, dass gerade keiner mitkriegt, dass ich offensichtlich unproduktiv bin oder ich brauchte eine Erlaubnis von „außen“, beispielsweise einen Seminar-Trainer oder Coach, der im Rahmen seiner Prozesshoheit den Raum dafür geschaffen hat.

Mit dem Wissen darum, was für mich funktioniert und der Sehnsucht nach einem selbstsorgendem Umgang mit meinem Stress überlegte ich, wie ich beides zusammenbringen konnte. Sehr hilfreich dabei war, dass mein geschätzter Kollege Holger gerade eine 21-Tage-Meditations-Challenge anbot, zu der ich mich angemeldet hatte, bei der es mir aber schwer fiel, regelmäßig teilzunehmen, da ich mir die dafür nötige Zeit nicht gönnen wollte. Eines Tages hatte ich dann einen Termin in Hamburg, zu dem ich mit der S3 unterwegs war. Eine halbe Stunde in einem fast vollbesetzten S-Bahn-Abteil war für mich bisher immer Zeit, die mal nie produktiv nutzbar war. In diesem Fall aber eine Chance, das Unnütze mit dem Sinnlosen zu verbinden, dachte ich. Wenn es mir in dieser Umgebung gelingen würde, Ruhe zu finden und zu meditieren, dann könnte mir das auch überall sonst gelingen. Also Kopfhörer auf, eine von Holgers gesprochenen Meditationsanleitungen auf dem iPhone abgespielt und ab nach „Innen“.

 

Raus aus dem Außen, rein ins Innen

Es war überraschend einfach. Obwohl trotz der Kopfhörer alle möglichen Umgebungsgeräusche und Stimmen zu hören waren, war ich sehr schnell bei mir und konnte mich auf die Dinge konzentrieren, die so weit weg sind, wenn ich im Außen dem nächsten To Do hinterher jage, den nächsten Termin einhalten oder den nächsten Meilenstein erreichen will. Wie beispielsweise mein Atem, mein Kontakt zum Boden, mein Körper- oder Gewichtsgefühl, also im Grunde alles das, was mich wissen lässt, wie es mir wirklich geht. Es war ein freiRaum inmitten alltagsüblicher Hektik und Betriebssamkeit, in dem für ein paar Minuten einfach mal alles und auch wieder nichts sein konnte.

Faszinierend finde ich immer wieder die Wirkung, die diese ganz besonderen Minuten haben. Das Treffen, zu dem ich unterwegs war, war jedenfalls sehr erfolgreich. Ich fühlte mich ausgeschlafen, war konzentriert und präsent. Nicht, dass das jetzt ausschließlich an 10 Minuten Auszeit in einer vollen S-Bahn gelegen hätte. Aber es ist mir dadurch einfach leichter gefallen und hat nicht so viel Kraft gekostet wie ohne.

 

Die Macht der Gewohnheit

Ich habe mir vorgenommen, mir diese kleinen Auszeiten öfter zu erlauben. Mein Ziel ist es, diese Inseln der inneren Konzentriertheit zu einem festen Bestandteil meines Alltags werden zu lassen und sie als Quelle für Fokus und Gelassenheit zu nutzen. Mittlerweile brauche ich auch nicht mehr zwingend anleitende Worte oder eine explizite Erlaubnis von außen. Die größte Herausforderung dabei ist wohl, ohne Druck eine spontane Regelmäßigkeit bzw. regelmäßige Spontaneität hinzukriegen, die es mir ermöglicht, mir eine Auszeit zu nehmen, weil ich sie brauche und nicht, weil sie in meinem Terminkalender steht.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Euch Gelassenheit und eine gute Zeit.